Rundblicke, Landschaften aus Tapeten

Bis zum 31.  januar 2018

mpp_expohorizons_affiche-mdDie Ausstellung Rundblicke. Landschaften aus Tapeten zeigt ländliche, maritime und urbane Dekore aus nahezu drei Jahrhunderten. In der Entwicklung von der Vignette zum Panorama, vom Einzelbogenpapier des 18. Jahrhunderts zum heutigen Digitaldruck, spiegelt sich die Veränderung der Weltsicht und der Gesellschaft, die wiederum in diesen teils luxuriösen, teils bescheidenen Dekoren zum Ausdruck kommt. Die Darstellung einer Landschaft ist niemals bedeutungslos. Ihr voraus geht die Entscheidung für einen Ort, einen Blickwinkel und einen Rahmen sowie die Auswahl der Elemente, die verwendet werden sollen. Die Landschaft kann Nostalgie hervorrufen, indem sie an die verlorene Unberührtheit der Natur von früher erinnert, sie kann als Hoffnungsträger im technischen Fortschritt angesehen werden oder einfach als Hilfsmittel zur Flucht in eine Traumwelt dienen.
Am Ende des 18. Jahrhunderts tauchen auf Tapeten mit sich wiederholenden Motiven kleine malerische Landschaften innerhalb der Kompositionen aus Blattwerk und Arabesken auf, die eine neue Vorliebe für die Natur bezeugen. Die Panoramatapete erscheint zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als eine neue Art aufkommt, Häuser einzurichten und zu gestalten. Im Salon oder im Speisezimmer, den neuen Empfangsräumen des aufkommenden Bürgertums, öffnet sich die Wand und wird zu einem exotisch fremden Ort, an dem man in der Fantasie überwältigende Landschaften durchstreifen sowie eine unbekannte Flora und Fauna entdecken kann. In den Jahren zwischen 1840 und 1850 kann man an den Tapeten die Faszination der damaligen Zeit für moderne Transportmittel ablesen, die das Reisen erleichtern. Andere Motive stellen immer wieder, bis zum heutigen Tag, die traditionelle europäische Landschaft in den Mittelpunkt, mit ihren Obstgärten, Dörfern und Tieren, die als Garant dafür dienen sollen, dass die Welt sich nicht verändert.
Nachdem die Panoramatapete ein Jahrhundert lang verschwunden war, kommt sie seit ein paar Jahren wieder in Mode, doch ihre Einsatzbereiche haben sich nicht verändert. Auf den Landschaftstapeten des 19. Jahrhunderts sind keine Fabriken zu sehen, und auch auf den heute digital gedruckten Panoramen finden sich keine Stadtrandgebiete, keine Siedlungen oder Einkaufszentren. Stattdessen werden die Natur in ihrer ganzen unzerstörten Pracht oder die Stadt auf träumerische und spielerische Art dargestellt. Die Tapete verleiht heute wie gestern den Vorlieben des Verbrauchers Ausdruck, der mit Hilfe des Traums dem Alltag zu entfliehen versucht.
Der letzte Abschnitt der Ausstellung lässt 16 Studierenden der Abteilungen Textildesign und Künste der Kunsthochschule Haute École des Arts du Rhin (Standorte Mulhouse und Straßburg) freie Hand. Sie hinterfragen Begriffe wie Blickwinkel, Maßstab oder Planheit der Wand und entwerfen Landschaften von morgen, die die Handschrift von heute tragen.

Konzeption : Isabelle Dubois-Brinkmann, Kuratorin, Tapetenmuseum Rixheim