Das Land der aufgehenden Sonne auf Tapeten von 1860 bis heute
Der Einfluss der japanischen Kultur auf die Entwicklung der Arts and Crafts-Bewegung, des Impressionismus und des Jugendstils wurde bereits untersucht, allerdings hat sich noch keine Untersuchung des spezifischen Bereichs der Tapete angenommen. Die Manufakturen stellen sich auf den exotischen Geschmack ihrer Kunden ein und entwickeln ab den 1870er Jahren eine entsprechende Motivsammlung, wobei Bezüge zur chinesischen und zur japanischen Kunst gemischt werden. Fächer und Wappen, Chrysanthemen und Kiefern, Kraniche und Reiher, der Berg Fuji, Pagoden und Kakemonos finden sich auf Tapetenbahnen ebenso wieder wie sie Stoffe und Keramik erobern. Die manufaktur Zuber in Rixheim produziert zwei Panoramatapeten mit japanischen Landschaften, die erste ab 1861, die zweite im Jahr 1902. Der Einfluss der japanischen Kunst ist auch in der Auswahl und der Darstellung von Blumen und Vögeln zu spüren: Chrysanthemen und Kirschoder Pflaumenblüten, Kraniche und Spatzen werden naturalistisch dargestellt mit einer Sparsamkeit der Mittel, die neu ist in der europäischen Kunst. Die Bildeinteilung einiger Motive (bildfüllende Ansichten, asymmetrische Anordnungen, Zweidimensionalität) ist klar auf die japanischen Holzschnitte zurückzuführen. Im 20. Jahrhundert findet man in den Kollektionen der Tapetenhersteller weiterhin japanisch inspirierte Motive, wenn auch manchmal mit karikaturistischem Ansatz. Anhand der Farbgebung, der mehr oder weniger graphischen Gestaltung und anhand der Anordnung mit Friesen oder sich ständig wiederholenden Motiven lassen sich die zeitlosen Themen der Geishas und Laternen doch zeitlich einordnen. Seit einigen Jahren geht von Japan erneut eine Faszination aus, die sich bei den Verbrauchern ganz unterschiedlich manifestiert. Die Jüngeren kennen Japan durch Mangas, Animes (japanische Zeichentrickfilme) und durch Computerspiele. Die traditionellen Bilder werden über Cosplays und andere historisch-fantastische Rollenspiele (Samuraischlachten) verbreitet. Japanisch inspirierte Motive bieten den heutigen Designern eine Formensammlung, aus der sie geschickt schöpfen und zeitgenössische Neukreationen entwickeln. Das Tapetenmuseum bedankt sich sehr herzlich bei den Herstellern und (Online-)Händlern, die uns die hier gezeigten Tapeten überlassen haben: 4Murs, Lutèce, E-papier-peint, InCréation, Neodko, Ohmywall, Pixers, Atelier LZC sowie bei den Künstlern Virginie Blancher und Philippe Goron.
Kuratorin : Isabelle Dubois-Brinkmann, conservatrice du musée